Jeder braucht mal Rat und Hilfe

Hinweise für Familienangehörige, Freunde und Kollegen im Umgang miteinander.

Nicht nur in Ausnahmefällen und Krisenzeiten sollten wir im Alltag auf unsere Mitmenschen Acht geben und diesen in Notsituationen helfend zur Seite stehen. In der unmittelbaren Familie, im Freundes- und Bekanntenkreis sowie im Arbeitsumfeld müssen wir auf Anzeichen für psychische Erkrankungen und körperliche Symptome seelischer und körperlicher Leiden achten und den Betroffenen die Hilfe und Unterstützung bieten, die sie in ihrer Situation benötigen.

Im Alltag anderen helfen

Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft signalisieren den Menschen in unserem unmittelbaren Umfeld Rückhalt und Unterstützung. Diese Unterstützung kann vielfältig ausfallen, sei es ein Einkauf für einen älteren Nachbarn, Hilfe bei Reparaturarbeiten, eine Einladung zum Kaffeetrinken oder ein offenes Ohr bei Sorgen und Problemen. Auch mit Kleinigkeiten kann man so der anderen Person zeigen, dass man sie wertschätzt und gerne unterstützt.

Zieht sich eine Person immer mehr zurück, wirkt oft traurig und niedereschlagen oder hat regelmäßig unerklärliche körperliche Verletzungen, ist es wichtig, zu handeln und die betroffene Person darauf anzusprechen. Dabei ist es entscheidend, sensibel und verständnisvoll zu reagieren und die von möglichen Problemen belastete Person nicht zusätzlich unter Druck zu setzen. Reicht die persönliche Unterstützung bei schwerwiegenden psychischen oder körperlichen Problemen nicht mehr aus, sollte gemeinsam mit der betroffenen Person ein Facharzt aufgesucht sowie professionelle Hilfe bei Beratungsstellen gesucht werden.

Richtig verhalten und Situationen erkennen

Sollten Sie bei Familienmitgliedern, Freunden, Bekannten oder Arbeitskollegen solche Symptome, Anzeichen und Verhaltensänderungen wahrnehmen, ist wichtig, zu agieren. Viele Betroffenen suchen nicht aktiv selbst nach Hilfe, da sie sich schämen, unsicher sind, wie sie nach Hilfe bitten sollen, oder weil sie andere mit ihrer Erkrankung und ihren Problemen nicht belasten möchten. Sollten Sie bei einer anderen Person psychische und körperliche Anzeichen für ernsthafte Erkrankungen und Probleme wahrnehmen, ist es wichtig, auf die richtige Art und Weise zu reagieren.

Menschen, die unter Depressionen leiden, zeigen vor allem Symptome wie Lustlosigkeit, Freudlosigkeit, Antriebslosigkeit und starke depressive Verstimmungen. Dazu kommen Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen und eine verminderte Leistungsfähigkeit. Bemerkt man solche Symptome, sollte man den Betroffenen darauf ansprechen. Dabei ist es wichtig, dem Betroffenen in erster Linie Verständnis zu signalisieren und ihn nicht zu bedrängen. Auch gut gemeinte Ratschläge sollten vermieden werden, stattdessen sollte man auf akute Warnsignale, wie eine durch den Betroffenen geäußerte Hoffnungs- und Perspektivlosigkeit, reagieren, und mit dem Betroffenen einen Facharzt aufsuchen

Sollte ein mutmaßlich von einer Depression Betroffener mit akuten Warnsignalen und Symptomen Hilfe verweigern, sollte unverzüglich der sozialpsychologische Dienst oder der Notarzt für die Vorstellung in einer psychiatrischen Klinik gerufen werden.*

* https://www.stiftung-gesundheitswissen.de/gesundes-leben/psyche-wohlbefinden/depression-was-koennen-angehoerige-tun-und-wie-koennen-sie-sich

Ausnahmesituationen, wie beispielsweise die aktuellen Ausgangsbeschränkungen durch die Corona-Pandemie und die damit verbundene häusliche Isolation, können sich neben psychischen Erkrankungen in einem Anstieg von häuslicher Gewalt äußern. Insbesondere Frauen, Kinder und Jugendliche sind häufig Opfer von häuslicher Gewalt. Neben sichtbaren körperlichen Verletzungen können Anzeichen für häusliche Gewalt Angst- und Panikattacken, Depressionen, chronische Beschwerden sowie Essstörungen oder Suchtverhalten sein. Auch die soziale Kontrolle durch den Partner sowie damit häufig verbundene Ausflüchte der von häuslicher Gewalt betroffenen Person, keine sozialen Kontakte pflegen zu können, sind deutliche Anzeichen für häusliche Gewalt.

Stellen Sie solche Anzeichen und Symptome in ihrem Familienumfeld, Freundeskreis oder Arbeitsumfeld fest, ist es wichtig, die von häuslicher Gewalt betroffene Person anzusprechen und Hilfe anzubieten. Dabei sollte konkret nachgefragt werden, ob die Person von ihrem Partner bedroht oder misshandelt wird und die betroffene Person zur Aussprache ermutigt werden. Vermitteln sie der betroffenen Person, dass der Täter im Unrecht und für die ausgeübte Gewalt verantwortlich ist und zeigen sie Hilfsmöglichkeiten auf, ohne die betroffene Person akut zu bedrängen.

Auch Kinder können direkt und indirekt als Zeugen Opfer von häuslicher Gewalt werden. Wirkt ein Kind oft bedrückt, traurig, überängstlich, distanziert oder zieht sich komplett zurück, können dies Anzeichen für eine mögliche seelische Verletzung sein. Auch eine Störung der Impulskontrolle, offensichtliche, wiederkehrende körperliche Verletzung und ein Absinken der schulischen Leistungsfähigkeit können Anzeichen für häusliche Gewalt sein. Bei einem Verdacht auf häusliche Gewalt und Kindeswohlgefährdung kann man das Gespräch mit den Eltern suchen. Dabei sollte man die richtige Ansprache finden und diese nicht anklagend, sondern verständnisvoll und vorurteilsfrei formulieren.

Ist eine solche Ansprache aus unterschiedlichen Gründen nicht ratsam oder aussichtslos, sollte bei akutem Verdacht und deutlichen Anzeichen auf eine Kindeswohlgefährdung das Jugendamt oder eine Familienberatungsstelle kontaktiert werden. Dort können Sie, zunächst auch anonym, ohne den Namen der betroffenen Familie zu nennen, den Fall schildern und um Unterstützung und Beratung bitten.

Sollten Sie direkter Zeuge von häuslicher Gewalt werden, rufen Sie umgehend die Polizei. Beratung und Unterstützung für Betroffene von häuslicher Gewalt sowie für Angehörige gibt es über die telefonische Seelsorge und Beratung sowie bei Frauenhäusern und persönlichen Beratungsstellen in ganz Deutschland. **

https://www.hilfetelefon.de
https://www.frauenhaus-koordinierung.de

** https://www.awo.org/haeusliche-gewalt-erkennen

Professionelle Hilfe in Anspruch nehmen

Jeder braucht in bestimmten Situationen professionelle Hilfe. Wenn Sie sich mit ihren Problemen überfordert und allein fühlen, und sollte sich ihr psychisches und körperliches Wohlbefinden dauerhaft nicht verbessern oder sogar verschlechtern, scheuen Sie sich nicht, aktiv fachärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Sollten Sie sich unsicher sein, ob Sie nur unter kurzweiligen Stimmungsschwankungen oder an einer tatsächlichen Depression leiden, kann man beispielsweise einen Online-Selbsttest, wie ihn die Stiftung Deutsche Depressionshilfe anbietet, durchführen. Solch ein Test ersetzt jedoch in keinem Fall eine fachärztliche Diagnose und sollte nur als ein Hilfsmittel zum Erkennen von Symptomen einer psychischen Erkrankung und möglichen Depression genutzt werden.

Akute Hilfe und Ansprechpartner in Notsituationen finden Sie unter anderem über die telefonische Seelsorge, das Kinder- und Jugendtelefon, das Info-Telefon der Deutschen Depressionshilfe sowie online über die Frauenhauskoordinierung.

Telefonseelsorge: anonyme, kostenlose Beratung rund um die Uhr, Tel. (0800) 111 0 111 oder (0800) 111 0 222

Kinder- und Jugendtelefon „Nummer gegen Kummer“: kostenlose Beratung von Mo bis Sa, 14 bis 20 Uhr, Tel. 116 111. Elterntelefon: Mo bis Fr, 9 bis 11 Uhr sowie Di und Do, 17 bis 19 Uhr unter (0800) 111 05 50

Info-Telefon der Deutschen Depressionshilfe: Mo, Di und Do, 13 bis 17 Uhr sowie Mi und Fr, 8.30 bis 12.30 Uhr. Tel. (0800) 33 44 533.

bei Suizidgedanken die Ambulanz der psychiatrischen Abteilung einer Klinik vor Ort

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