Meditation
Meditation und Hirngesundheit
Was ist Meditation?
Meditation ist eine Übung des Bewusstseins, die darauf abzielt den Geist zur Ruhe zu bringen, heilsame Gedanken zu kultivieren und negative Emotionen zu regulieren. Meditationspraktiken gibt es in vielen Kulturen und Religionen dieser Welt. Besonders in vielen asiatischen Ländern ist die Meditation seit über 2500 Jahren praktischer Teil der philosophischen Kultur, die sich bis heute gehalten hat. Aber auch in der griechischen und römischen Antike und in christlichen Traditionen werden philosophische Praktiken und Geistesübungen beschrieben und gelebt. Inzwischen wächst die Anzahl der wissenschaftlichen Studien über die Wirkungsweise von Meditation im Gehirn und die positiven Wirkungen auf die seelische und körperliche Gesundheit. Viele fernöstliche Meditationspraktiken haben in den letzten Jahrzehnten in Form von achtsamkeitsbasierten Therapien, wie z.B. MBSR, Eingang in moderne psychotherapeutische Verfahren gefunden und sind hier nicht mehr wegzudenken.
Warum sollten wir meditieren?
Unser Gehirn ist immer aktiv und es „verschaltet“ sich ständig neu. Ständig bringt es Gedanken hervor und bewertet unsere Sinneseindrücke und Beobachtungen und gleicht diese mit früheren Erfahrungen ab. Emotionen und Körpererfahrungen spielen bei dieser Bewertung eine wichtige Rolle. Das sind normale und lebenswichtige Vorgänge, die uns vor Gefahren schützen und uns helfen, lebenswichtige Bedürfnisse zu befriedigen. So werden z.B. unsere Belohnungssysteme aktiviert, wenn wir Nahrung finden und unsere Angstsysteme, wenn wir bedroht werden. Was in der Frühzeit der Menschheitsgeschichte und in Extremsituationen Sinn macht, führt in der Neuzeit zu Problemen: Ängste, die in einem feindlichen Umfeld lebensrettend sein können, können in einer modernen Gesellschaft auch krank und unglücklich machen, weil u.a. unsere Stresssysteme ständig aktiviert werden. Unser Gehirn produziert laufend Gedanken, ob wir wollen oder nicht. Neurowissenschaftler nennen diese permanente Gedankenpumpe DMN, das Default Mode Network. Wir entscheiden dabei normalerweise nicht, WAS wir denken oder fühlen. „Es“ denkt vielmehr in uns. Wir haben aus diesem Grund auch nicht die Kontrolle über unsere Gedanken und Gefühle. Das Problem dabei ist: ca. 80% dieser Gedanken sind negativ, sorgenvoll in Erinnerungen und in der Zukunft gerichtet und lenken uns ab, im Hier und jetzt zu sein. Einige dieser Gedanken können sich mit der Zeit in ungesunde Mustern verfestigen. Sorgen, Gefühle von Überforderung, Ängste oder Minderwertigkeitsgefühlen und ungünstige Verhaltensweisen können die Folge sein. Obwohl es uns historisch gesehen gerade in westlichen Industriegesellschaften materiell verhältnismäßig gut geht, empfinden wir uns als gestresst und Krankheiten wie Depressionen, burnout und psychosomatische Krankheiten nehmen paradoxer Weise in der Bedeutung zu. Meditation hilft, aus diesen Gedankenmustern herauszufinden, weil wir lernen können, aus diesen Gedankenkreisen heraus zu treten, wie aus einem Fluss.
Warum ist Meditation wichtig?
Wir lernen in einem ersten Schritt, unseren Geist auf etwas Bestimmtes wie z.B. den Atem zu fokussieren und erfahren so, wie unser Geist mit der Zeit zur Ruhe kommt und wie wir auf unsere Gedanken wie auf einen Fluss von außen schauen. Dadurch kann einigen Gedanken und Emotionen ihre Kraft und deren negativen Auswirkungen auf unseren Organismus genommen werden. Wir lernen mit der Erfahrung auch, in unseren Geist zu schauen und können lernen, frühzeitig negative Emotionen und Gedanken zu erkennen. Weitere Meditationspraktiken helfen uns, positive Bewusstseinszustände wie Gleichmut, Mitgefühl und Empathie oder Freude zu kultivieren. Diese Bewusstseinszustände sind quasi das Antidot, das Gegengift zu den Stress verursachenden Emotionen. Es macht uns ruhiger, gelassener und stärker im Umgang mit den Widrigkeiten des Lebens. Tatsächlich konnte in MRT-Studien nachgewiesen werden, wie wir durch die Meditation alternative Netzwerke zum DMN aufbauen können.
Das Bemerkenswerte ist, dass diese Veränderungen aus uns heraus kommen. Es sind keine Tabletten oder äußeren Einflüsse und Umstände, die uns dazu verhelfen. Wir sind es selbst, die wirksam sind. Und umso mehr wir erfahren, dass dies uns hilft, im Alltag auch mit schwierigen Lebenssituationen wie Krankheit, Trauer oder problematischen beruflichen Situationen umzugehen, umso mehr vertrauen wir auch auf diese Fähigkeit, was uns wiederum gelassener werden lässt und unsere geistigen Abwehrkräfte wachsen lässt. Wir können mit den unvermeidlich belastenden Aspekten des Lebens besser umgehen, indem wie sie zu akzeptieren lernen. Auf der anderen Seite können wir Freude unmittelbarer empfinden.
Ohne Übung geht es nicht
Wie alles, was wir in unserem Leben lernen, sei es eine Fremdsprache, eine Sportart oder ein Musikinstrument braucht auch die Meditation eine Regelmäßigkeit des Übens, bis wir die positiven Wirkungen merken. Wissenschaftliche Studien haben aber gezeigt, dass diese schon nach einigen Monaten der regelmäßigen Praxis zu verzeichnen sind. Langzeitmeditierende können darüber hinaus erstaunliche Fähigkeiten erlangen. Es reicht aber schon, wenn wir uns mit einer gewissen Regelmäßigkeit unserem Geist widmen und hier neue Gewohnheiten schaffen. Am Anfang wird dies eine regelmäßige formale Meditationspraxis in aufrechter Haltung sein. Meditationserfahrene weiten die Mediationspraxis in Alltagssituationen und können überall und in jeder Situation meditieren. Ein Vergleich mit unserem Körper hilft. Unser Körper ist in einer ähnlichen Situation wie unser Geist: die Evolution hat ihn nicht für einen Schreibtisch und für das gemütliche Sitzen auf dem Sofa optimiert, sondern für eine Umwelt, in der wir uns viel aufrecht in der Natur bewegen mussten. Es ist deshalb für alle Menschen völlig selbstverständlich, dass wir etwas für unseren Körper tun sollten, Sport machen, ins Fitnessstudio gehen usw. (wenn da nur nicht dieser innere Schweinehund wäre….). Nur wenige Menschen im Westen realisieren, dass es für den Geist genauso wichtig ist, kultiviert zu werden.
Meditation ist keine Selbstoptimierung
Meditation hilft uns also ruhiger zu werden, etwas bildhafter gesprochen, verhilft uns Meditation, die Stille unseres Geistes zu finden. Das hat schon für sich eine positive Wirkung. Wenn wir dann noch erfahren, wie wir mit negativen Situationen und Stress besser umgehen können sowie achtsamer und gleichmütiger (nicht gleichgültiger!) werden, ist das nicht nur für uns gut, sondern auch für unsere Mitmenschen und unsere Umwelt. Es geht also nicht darum, dass wir uns selbst optimieren – das würde einer seriösen Meditationspraxis sogar im Kern widersprechen – , sondern dass wir unser Bewusstsein auf positive Weise kultivieren, was auch beinhaltet, dass wir uns nicht als vereinzelt erleben, sondern als Teil einer Gemeinschaft und der Natur. Das Gehirn ist vor allem auch ein soziales Organ und in der Frühgeschichte der Menschheit war ein Überleben nur in der Gruppe und im Einklang mit der Natur möglich. Ein Überleben als Einzelner war nicht möglich und die Zerstörung der Umwelt, auf die man unmittelbar angewiesen ist, ist ebenfalls nicht mit Überleben vereinbar. Dies steckt auch heute noch in uns. Menschen, die sich entfremdet oder als vereinzelt fühlen, erleben sich als weniger glücklich als Menschen, die sich einen Sinnzusammenhang eingebettet sehen. Deshalb ist Meditation mehr als nur ein Rückzug in sich selbst.
Dr. Uwe Meier, 1. Vorsitzender Berufsverband Deutscher Neurologen
Kraft schöpfen durch den eigenen Geist
Gelassenheit, Entspannung und Ruhe – Meditation kann dabei helfen, das kreisende Gedankenkarussell zu stoppen und die innere Balance wiederzufinden. Menschen, die unter starkem Stress leiden, können die Meditation dazu nutzen, um ihren Körper wieder in Balance zu bringen. Die durch die Meditation neu geschöpfte Kraft wirkt sich positiv auf die Konzentration und den Alltag aus und löst den Geist von belastenden Gedanken.
Ausbildung Psychologie
1987-1994: Studium der Psychologie an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Abschluss: Diplom.
Diplomarbeit bei Prof. Dr. W. Bauer, Abteilung Allgemeine Psychologie und Biopsychologie an der Goethe-Universität Frankfurt.
Titel: „Elektrodermale Reaktion auf Rechteckimpulse in verschieden aktivierenden Situationen“
1995-1996: Promotionsstipendium nach dem Hessischen Gesetz zur Förderung von Nachwuchswissenschaftlern.
Titel der Doktorarbeit: „Merkmale der 40 Hz-Aktivität im EEG während Ruhe, Kopfrechnen und Meditation“.
Mai 2000: Promotion (Dr. phil. nat.) an der Goethe-Universität Frankfurt
Forschungsgebiete:
- Veränderte Bewusstseinszustände und Methoden zu deren Induktion
- Neuronale Korrelate von Absorption (Versenkung) und Absorptionsfähigkeit
- Zusammenhänge mit außergewöhnlichen (z.B. mystischen oder paranormalen) Erfahrungen
- Wirkungen von Meditation auf Aufmerksamkeit, Emotionen und Selbst- und Realitätswahrnehmung
Der Meditationsforscher und Buchautor Dr. Ulrich Ott sieht die Meditation als ein Werkzeug zur Selbstregulation. Durch den Fokus auf den eigenen Körper können Ott zufolge die Emotionen positiv beeinflusst werden. Durch den inneren Dialog während der Meditation können diese Gefühle auch verstärkt werden. Werden die Gefühle mit Gelassenheit auf- und wahrgenommen, verschwinden diese wieder. Durch den Fokus auf ein bestimmtes Objekt in der Meditation, kann ein Grübeln verhindert und ein unangenehmer Gedankenzirkel durchbrochen werden.
In einem Interview mit „Die Techniker“ geht der Meditationsforscher auf die folgenden Fragen ein:
- Was passiert in meinem Gehirn, während ich meditiere?
- Was sollten Meditations-Anfänger beachten?
- Warum tut mir Meditation gut?
- Kann ich so meine Emotionen besser kontrollieren?
- Kann mir eine falsche Meditation auch schaden?
- Wann ist eine Meditation überhaupt sinnvoll?
Die Antworten auf die Fragen sowie das vollständige Interview mit Dr. Ulrich Ott finden sie auf tk.de:
Ich bin Meditations-Neuling – wo kann ich mich informieren?
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